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    Wundervoller Roman über den bekannten Sufi-Dichter Rumi, seinem spirituellen Gefährten Schams und vierzig Gedanken zur Liebe

    Liest du gerne vor dem Einschlafen einen schönen Roman, der sich flüssig lesen lässt und zum Träumen einlädt? Und gleichzeitig beschwingende Tiefgründigkeit beinhaltet? Der Roman Die vierzig Geheimnisse der Liebe verzückt nicht nur durch sein liebevoll gestaltetes, äußeres Erscheinungsbild. Er begeistert vor allem durch eine für Westeuropäer kulturell fremde Romanhandlung im nahen Osten des 13. Jahrhunderts in Kombination mit Weisheiten, die zum Nachdenken anregen.

    Die Lektüre lebt von verschiedenen Romanfiguren und deren unterschiedlicher Sichtweise: So hat der Leser die Möglichkeit, Weltbilder, Kulturen und Religionen systemisch aus den verschiedensten Blickwinkeln zu erleben. Elif Shafak lässt ihre Charakteren die gleichen Situationen abwechselnd aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählen und so eine Gesamthandlung mit Weitsicht entstehen. Der Leser schlüpft in die teilhabenden Charaktere und erlebt hautnah, wie gleiche Situationen vollkommen unterschiedlich wahrgenommen werden können.

    Es laufen parallel zwei in sich verzahnte Handlungsstränge ab: Die eine Handlung im bereits erwähnten Mittelalter zwischen Tadschikistan, dem heutigen Afghanistan sowie der heutigen Türkei. Die andere in der Neuzeit an der Ostküste der USA.

    Der Leser lernt die Weltsicht des Sufismus* kennen, dessen Hauptfigur, ein Wanderderwisch zu Zeiten des Mittelalters namens Schams, von seiner Einstellung, seinem Lebensweg und seiner Sicht der Liebe erzählt. Das alles findet statt im schon damaligen Spannungsfeld unterschiedlicher Religionen, Auslegungen und kriegerischen Auseinandersetzungen. Im Roman macht sich der gebildete Derwisch Schams keine Freunde, weil er Konventionen oft bewusst bricht, um seine Umwelt zum Nachdenken zu bewegen, oder, weil er einfach aus seiner Weltsicht heraus konventionslos handelt. Gleichzeitig hegt er das Vertrauen, das alles kommt, wie es kommen muss.

    *(Als Mystiker sind für Sufis nicht vom Menschen niedergeschriebene, religiöse Vorschriften die alleinige Orientierungsquelle, sondern eine direkte Unmittelbarkeit zu Gott/dem Ganzen. Wege, dies zu erreichen, finden sie in Meditation, Askese oder auch Ekstase)

    Der Roman zeigt einen Wendepunkt im Leben von Schams, an welchem er sich einen Weggefährten erhofft, mit dem er sich -auf gleichgesinnter, hoher, geistig-verbundener Ebene- austauschen und Erfahrungen teilen kann. Der Zufall will es, dass an einem anderen Ort der berühmte Mystiker und spätere Dichter Rumi nach Gleichem sucht. Es treffen von außen betrachtet zwei sehr unterschiedliche Menschen aufeinander – der eine unbekannt, geduldet und ohne materiellen Besitz, der andere angesehen, berühmt und materiell wohlhabend.

    Sie erkennen jedoch schon beim ersten Treffen, dass es ihr sehnlichster Wunsch ist, sich einander auszutauschen und verschmelzen schon bald zu einer tiefen, symbiotischen, geistig-spirituellen Freundschaft. Man könnte auch von einem Einssein zweier Menschen sprechen – zweier Männer, die erst im Gemeinsamen erleben, spirituell ankommen.

    In dem parallelen Handlungsstrang der Neuzeit wird das Leben der amerikanischen Lektorin Ella durch genau diesen Roman über Schams und Rumi stark beeinflusst und am Ende vollkommen neu geordnet: Sie sucht den Austausch mit dem Autor und verliebt sich in ihn. Es kommt zu einer tiefen Verbundenheit und Erfahrungen, welche ihr zuvor unglückliches Leben, ihre bisherige Familienwelt sowie ihre bis dahin gelebte Rolle als fürsorgliche, angepasste Mutter und Ehefrau gehörig ins Wanken bringt.

    Die im Titel des Buches angekündigten vierzig Weisheiten und Gedanken zur Liebe werden auf die ca. 500 Seiten des Romans verstreut und verstecken sich in Gestalt von Schams‘ Gedanken, die er kontextbezogen Stück für Stück, von sich preisgibt.

    Es mag zum Thema Liebe kraftvollere Bücher geben. Gleichwohl ist dieser Roman eine wundervolle und gekonnt geschriebene Lektüre. Überdies regt das Buch zum Nachdenken an und versucht, den Horizont der eigenen Wahrnehmung zu erweitern. Dies ermöglicht Elif Shafak auf spannende Art und Weise, in dem sie ein und dieselbe Geschichte durch die Augen verschiedenster Menschen betrachten lässt.

    Systemisch arbeitende Therapeuten und Berater werden sich bei dieser Art der Romangestaltung mitunter an ihre Arbeit erinnert fühlen. Generell kann sich der Leser so, unabhängig von der ohnehin schönen Geschichte, von Kapitel zu Kapitel auf die nächste Sichtweise freuen.

    Erfahre hier mehr über diesen Roman:

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